Das Passiv in der deutschen Grammatik

Möchtest du direkt zu den Übungen? Klick hier.

Was ist Passiv?

Das Passiv betont eine Handlung (Vorgangspassiv) oder einen Zustand (Zustandspassiv). Wer/Was die Handlung oder den Zustand verursacht hat, ist unwichtig, unbekannt oder wird als allgemein bekannt vorausgesetzt.

In unserer Erläuterung erfährst du, wie das Passiv im Deutschen gebildet wird, wie wir Aktivsätze in Passivsätze umwandeln und welche Ersatzformen es gibt. In den Übungen lernst du, selbst Passivsätze in verschiedenen Zeiten zu bilden.

Beispiel

Ein Mann wurde angefahren. Er wurde durch den Unfall schwer verletzt und wird jetzt von einem Sanitäter behandelt.

Dem Verletzten ist ein Verband angelegt worden. Jetzt wird der Mann ins Krankenhaus gebracht. Er muss operiert werden.

Wann verwendet man Passiv?

Im Deutschen können wir Sätze im Aktiv oder Passiv bilden.

  • Aktiv verwenden wir, um zu betonen, wer/was die Handlung ausführt.
Beispiel:
Der Lehrer erklärte uns das Passiv.
  • Passiv verwenden wir, um die Handlung an sich zu betonen. Wer/was die Handlung ausführt, wird in vielen Passivsätzen weggelassen.
Beispiel:
Das Passiv wurde uns (vom Lehrer) erklärt.

So bilden wir Passivsätze

Bei der Bildung von Passivsätzen sowie beim Umwandeln von Aktiv in Passiv müssen wir Folgendes beachten:

  • Wir verwenden im Passiv eine Form von werden. Das Vollverb steht im Partizip II.
    Beispiel:
    Man fährt den Mann ins Krankenhaus. (Aktiv)
    → Der Mann wird ins Krankenhaus gefahren. (Passiv)
  • Das Akkusativobjekt aus dem Aktivsatz wird zum Subjekt im Passivsatz. Das konjugierte Verb muss an das neue Subjekt angepasst werden.
    Beispiel:
    Man fährt uns ins Krankenhaus. (Aktiv, 3. Person Singular)
    Wir werden ins Krankenhaus gefahren. (Passiv, 1. Person Plural)

Bei der Verbform in Passivsätzen unterscheiden wir, ob es sich um einfache Zeiten, zusammengesetzte Zeiten mit Infinitiv oder Perfekt-Zeiten handelt. In den folgenden Übersichten findest du für jede Zeitform ein Beispiel im Aktiv und Passiv.

Einfache Zeiten

Bei den einfachen Zeiten verwenden wir die konjugierte Form von werden und das Partizip II vom Vollverb (fahren).

Zeitform Aktiv Passiv
Präsens Man fährt den Mann ins Krankenhaus. Der Mann wird ins Krankenhaus gefahren.
Präteritum Man fuhr den Mann ins Krankenhaus. Der Mann wurde ins Krankenhaus gefahren.
Konjunktiv 1 (Gegenwart) Man fahre den Mann ins Krankenhaus. Der Mann werde ins Krankenhaus gefahren.

Zusammengesetzte Zeiten mit Infinitiv

Beim Futur I sowie Konjunktiv II (Gegenwart) setzen wir den Infinitiv von werden ans Satzende. An 2. Position verwenden wir das Hilfsverb aus dem Aktivsatz. Beachte aber, dass sich die Konjugation nach dem neuen Subjekt richtet.

Beispiel:
Man wird uns fahren. → Wir werden gefahren werden.
Zeitform Aktiv Passiv
Futur I Man wird den Mann ins Krankenhaus fahren. Der Mann wird ins Krankenhaus gefahren werden.
Konjunktiv 2 (Gegenwart) Man würde den Mann ins Krankenhaus fahren. Der Mann würde ins Krankenhaus gefahren werden.

Zusammengesetzte Perfekt-Zeiten

Bei den Perfekt-Zeitformen im Passiv verwenden wir als Hilfsverb sein (nicht: haben), weil sich das Hilfsverb nach dem konjugierten Verb richtet – das ist im Passivsatz werden. Das Partizip II von werden (worden) steht am Satzende.

Zeitform Aktiv Passiv
Perfekt Man hat den Mann ins Krankenhaus gefahren. Der Mann ist ins Krankenhaus gefahren worden.
Plusquamperfekt Man hatte den Mann ins Krankenhaus gefahren. Der Mann war ins Krankenhaus gefahren worden.
Futur II Man wird den Mann ins Krankenhaus gefahren haben. Der Mann wird ins Krankenhaus gefahren worden sein.
Konjunktiv 1 (Vergangenheit) Man habe den Mann ins Krankenhaus gefahren. Der Mann sei ins Krankenhaus gefahren worden.
Konjunktiv 2 (Vergangenheit) Man hätte den Mann ins Krankenhaus gefahren. Der Mann wäre ins Krankenhaus gefahren worden.

Besonderheiten beim Bilden von Passivsätzen

Beim Umwandeln von Aktiv in Passiv fällt das Subjekt aus dem Aktivsatz normalerweise weg. Soll der Verursacher/Täter trotzdem genannt werden, fügen wir ihn mit von + Dativ nach dem konjugierten Verb ein. (zur Verwendung von durch siehe Infokästchen)

Beispiel:
Die Sanitäter fahren den Mann ins Krankenhaus.
Der Mann wird von den Sanitätern ins Krankenhaus gefahren.

Ein Dativobjekt im Aktivsatz bleibt auch im Passivsatz im Dativ, auch wenn es an erster Stelle steht.

Aktiv:
Man legte dem Verletzten einen Verband an.
Subjekt: man, Akkusativobjekt: einen Verband, Dativobjekt: dem Verletzten
Passiv:
Dem Verletzten wurde ein Verband angelegt.
Subjekt: ein Verband, Dativobjekt: dem Verletzten

von oder durch?

Mit von geben wir den Verursacher der Handlung an. (Wer/Was hat die Handlung ausgeführt?) Nach von verwenden wir Dativ.

Beispiel:
Der Mann wurde von einem Auto angefahren.
Der Verletzte wird von einem Sanitäter behandelt.
Wer/was hat den Mann angefahren bzw. den Verletzten behandelt?

Mit durch geben wir das Mittel an. (Wie geschah die Handlung?) Nach durch verwenden wir Akkusativ.

Beispiel:
Der Mann wurde durch den Aufprall schwer verletzt.
Wie wurde der Mann verletzt?

In einigen Fällen sind von und durch korrekt.

Beispiel:
Der Mann wird von den Sanitätern ins Krankenhaus gefahren.
Der Mann wird durch die Sanitäter ins Krankenhaus gefahren.

Passiv mit Modalverben

Auch mit Modalverben können wir das Passiv bilden. Bei den einfachen Zeiten wird dabei das Modalverb konjugiert; bei den zusammengesetzten Zeiten steht das Modalverb im Infinitiv am Satzende. Beachte, dass wir bei den Perfekt-Zeiten haben verwenden, weil sich das Hilfsverb auf das konjugierte Modalverben bezieht.

In der folgenden Tabelle findest du für jede deutsche Zeitform einen Beispielsatz im Aktiv und Passiv mit Modalverb. Futur II ist im Passiv mit Modalverben nicht üblich und ist deshalb nicht mit aufgelistet.

Zeitform Aktiv Passiv
Präsens Man muss einen Krankenwagen rufen. Ein Krankenwagen muss gerufen werden.
Präteritum Man musste einen Krankenwagen rufen. Ein Krankenwagen musste gerufen werden.
Perfekt* Man hat einen Krankenwagen rufen müssen. Ein Krankenwagen hat gerufen werden müssen.
Plusquamperfekt* Man hatte einen Krankenwagen rufen müssen. Ein Krankenwagen hatte gerufen werden müssen.
Futur I Man wird einen Krankenwagen rufen müssen. Ein Krankenwagen wird gerufen werden müssen.
Konjunktiv 1 (Gegenwart) Man müsse einen Krankenwagen rufen. Ein Krankenwagen müsse gerufen werden.
Konjunktiv 1 (Vergangenheit) Man habe einen Krankenwagen rufen müssen. Ein Krankenwagen habe gerufen werden müssen.
Konjunktiv 2 (Gegenwart) Man müsste einen Krankenwagen rufen. Ein Krankenwagen müsste gerufen werden.
Konjunktiv 2 (Vergangenheit) Man hätte einen Krankenwagen rufen müssen. Ein Krankenwagen hätte gerufen werden müssen.

*Perfekt und Plusquamperfekt mit Modalverb sind im Passiv selten. Man bevorzugt hier normalerweise das Präteritum.

Beispiel:
Ein Krankenwagen hat/hatte gerufen werden müssen. → Ein Krankenwagen musste gerufen werden.

Welche Verben können kein Passiv bilden?

Nicht mit allen Verben können wir Passivsätze bilden. Normalerweise lässt sich Passiv nur mit Verben bilden, die ein Akkusativ benötigen, sogenannte transitive Verben. Bei einigen transitiven Verben ist dies aber nicht möglich, z. B. haben, kennen, wissen, es gibt.

Beispiel:
Ich habe einen Hund. (Ein Hund wird gehabt.)
Ich kenne die Frau. (Die Frau wird gekannt.)
Ich weiß die Antwort. (Die Antwort wird gewusst.)
Es gibt viele Museen. (Viele Museen werden gegeben.)

Verben ohne Akkusativobjekt (intransitive Verben) können kein Passiv bilden. Dazu gehören:

  • Verben, deren Perfektform mit sein gebildet wird (z. B. fahren)
    Beispiel:
    Ich fuhr selber nach Berlin.
    Ich wurde selber nach Berlin gefahren.

    Passiv ist nicht möglich, weil ich selber gefahren bin.

    Aber: fahren kann auch mit haben + Akkusativobjekt verwendet werden. In diesem Fall ist ein Passivsatz möglich.

    Beispiel:
    Mein Vater fuhr mich nach Berlin.

    Passiv: Ich wurde (von meinem Vater) nach Berlin gefahren.

  • reflexive Verben
    Beispiel:
    Ich habe mich versteckt. (Ich habe mich versteckt worden.)
  • andere Verben ohne Akkusativobjekt (siehe aber unpersönliches Passiv)
    Beispiel:
    Er schläft. (Er wird geschlafen.)

Unpersönliches Passiv

Mit einigen intransitiven Verben (= Verben ohne Akkusativobjekt) können wir das unpersönliche Passiv bilden. Wir drücken damit typische Handlungen von Personen an einem Ort oder in einer Situation aus. Beim unpersönlichen Passiv benötigen wir das Personalpronomen ‚es‘ oder eine adverbiale Bestimmung.

Beispiel:
Die Leute passen oft nicht auf.
→ Es wird oft nicht aufgepasst./Oft wird oft nicht aufgepasst.
adverbiale Bestimmung der Zeit (wann?): oft
Hier muss man besser aufpassen.
→ Es muss hier besser aufgepasst werden./Hier muss besser aufgepasst werden.
adverbiale Bestimmung des Ortes (wo?): hier

Passiv-Ersatzformen

Einige Aktivsätze im Deutschen haben eine Passivbedeutung. Anstelle eines Passivsatzes können wir zum Beispiel folgende Formen nutzen:

  • man + Aktiv
    Beispiel:
    Man fährt den Mann ins Krankenhaus. (= Der Mann wird ins Krankenhaus gefahren.)
  • sich + Infinitiv + konjugierte Form von lassen (Bedeutung: können)

    Am üblichsten für diese Wendung sind die Zeitformen Präsens, Präteritum, Perfekt, Futur I und Konjunktiv II.
    Beispiel:
    Präsens → Der Unfall lässt sich vermeiden. (= Der Unfall kann vermieden werden.)
    Präteritum → Der Unfall ließ sich vermeiden. (= Der Unfall konnte vermieden werden.)
    Perfekt → Der Unfall hat sich vermeiden lassen. (= So ein Unfall hat vermieden werden können.)
    Futur I → Der Unfall wird sich vermeiden lassen. (= So ein Unfall wird vermieden werden können.)
    Konjunktiv 2 (Gegenwart) → Der Unfall ließe sich vermeiden. (= Der Unfall könnte vermieden werden.)
  • konjugierte Form von sein + zu + Infinitiv (Bedeutung: müssen)

    Am üblichsten für diese Wendung sind die Zeitformen Präsens, Präteritum und Perfekt.
    Beispiel:
    Präsens → Der Unfall ist zu vermeiden. (= Der Unfall muss vermieden werden.)
    Präteritum → Der Unfall war zu vermeiden. (= Der Unfall musste vermieden werden.)
    Perfekt → Der Unfall ist zu vermeiden gewesen. (= Der Unfall hat vermieden werden müssen.)
  • vom Verb abgeleitetes Adjektiv auf -bar (Bedeutung: können)
    Diese Wendung kann in allen Zeiten verwendet werden, wir müssen nur das Verb sein entsprechend konjugieren.
    Beispiel:
    So ein Unfall ist vermeidbar. (= So ein Unfall kann vermieden werden.)
  • zu + Partizip I (Bedeutung: müssen/sollen/nicht dürfen) – siehe auch Gerundiv
    Diese Wendung kann in allen Zeiten verwendet werden, wir müssen nur das Vollverb entsprechend konjugieren.
    Beispiel:
    Der zu operierende Verletzte ist auf dem Weg ins Krankenhaus. (= Der Verletzte, der operiert werden muss, ist auf dem Weg ins Krankenhaus.
)
  • bekommen/kriegen + Partizip II
 (anstelle von Passivsatz mit Dativobjekt; Dativobjekt wir im Aktivsatz zum Subjekt)
    Diese Wendung ist eher umgangssprachlich/informell und kann in allen Zeitformen verwendet werden. (Konjunktiv wird in der Umgangssprache selten genutzt und ist deshalb hier nicht üblich.)
    Beispiel:
    Präsens → Der Verletzte bekommt/kriegt einen Verband angelegt.
 (= Dem Verletzten wird ein Verband angelegt.)
    Präteritum → Der Verletzte bekam/kriegte einen Verband angelegt.
 (= Dem Verletzten wurde ein Verband angelegt.)
    Perfekt → Der Verletzte hat einen Verband angelegt bekommen/gekriegt.
 (= Dem Verletzten ist ein Verband angelegt worden.)
    Futur I → Der Verletzte wird einen Verband angelegt bekommen/kriegen.
 (= Dem Verletzten wird ein Verband angelegt werden.)

Was ist der Unterschied zwischen Vorgangspassiv und Zustandspassiv?

Im Deutschen gibt es neben dem Vorgangspassiv auch noch das Zustandspassiv.

Das Vorgangspassiv verwenden wir, wenn wir eine Handlung betonen wollen. (Was passiert?)

Beispiel:
Ein Mann wurde verletzt.

Mit dem Zustandspassiv beschreiben wir den Zustand nach einer Handlung. (Was ist das Resultat der Handlung?)

Beispiel:
Er ist verletzt.

Während der Handlung wurde der Mann verletzt – jetzt ist er verletzt.

Zeiten im Zustandspassiv

Das Zustandspassiv bilden wir im Deutschen mit der konjugierten Form von sein und dem Partizip II des Vollverbs. In der folgenden Tabelle findest du für jede deutsche Zeitform einen Beispielsatz im Zustandspassiv.

Zeitform Beispielsatz im Zustandspassiv
Präsens Der Mann ist verletzt.
Perfekt Der Mann ist verletzt gewesen.
Präteritum Der Mann war verletzt.
Plusquamperfekt Der Mann war verletzt gewesen.
Futur I Der Mann wird verletzt sein.
Futur II Der Mann wird verletzt gewesen sein.
Konjunktiv 1 (Gegenwart) Der Mann sei verletzt.
Konjunktiv 1 (Vergangenheit) Der Mann sei verletzt gewesen.
Konjunktiv 2 (Gegenwart) Der Mann wäre verletzt.
Konjunktiv 2 (Vergangenheit) Der Mann wäre verletzt gewesen.

Zustandspassiv oder Perfekt-Zeitform im Aktiv?

Einige Zeiten im Aktiv ähneln dem Zustandspassiv. Wenn wir wissen wollen, ob ein Satz Aktiv oder Passiv ist, versuchen wir hier einfach, das Vorgangspassiv zu bilden. Ist dies nicht möglich, handelt es sich um eine Aktivform.

Beispiel:
Ein Unfall ist passiert. (Aktiv Perfekt; kein Zustandspassiv!)
nicht möglich: Ein Unfall wird passiert.